Stadt Wien präsentiert Corona-Ausbildungspaket
17 Mio. Euro für die berufliche Zukunft junger WienerInnen, die von der Corona-Krise besonders stark betroffen sind
Die wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise treffen junge Menschen besonders hart. 172.646 Menschen waren im Mai in Wien arbeitslos. Im Vergleich zum Mai des Vorjahres ist das ein Plus von 57,2 Prozent oder 62.817 WienerInnen. Bei den 20- bis 24 Jährigen hat sich mit einem Plus von 8.550 Personen die Arbeitslosigkeit mehr als verdoppelt. Insgesamt sind 16.154 junge WienerInnen in dieser Altersgruppe ohne Job. Bei den dem AMS gemeldeten Lehrstellen zeichnet sich ein Rückgang von 23 Prozent gegenüber dem Vorjahr ab.
Bürgermeister Michael Ludwig, Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke und Vizebürgermeisterin Birgit Hebein haben daher jetzt ein Wiener Ausbildungspaket ins Leben gerufen, das der waff umsetzt: „Wir wollen damit jungen Wienerinnen und Wienern das Fundament für eine gute berufliche Zukunft und echte Lebensperspektiven geben.“ Dafür nimmt die Stadt Wien 17 Millionen Euro in die Hand. Auch vom Bund, der für Arbeitsmarktpolitik zuständig ist, fordert die Wiener Stadtregierung zusätzliche Maßnahmen für junge Menschen. Mit dem Wiener Ausbildungspaket tritt die Stadt in Vorlage:
- 10 Mio. Euro für die überbetriebliche Lehrausbildung
- 7 Mio. Euro für die Qualifizierung junger arbeitsloser WienerInnen:
✓ Qualifikationspässe für Bildungsscreening von mehr als 3.000 jungen arbeitslosen WienerInnen
✓ Hilfe beim Nachholen von Lehrabschlüssen und anderen Ausbildungen
✓ Qualifizierung für Zukunftsberufe
„Jugendliche brauchen eine fundierte Berufsausbildung. Wir wollen den jungen Menschen Perspektiven geben, denn die Jugend ist unsere Zukunft. Wir lassen niemanden im Stich!“
Michael Ludwig
Ludwig: „Wir investieren in die Lehrausbildung und in die Qualifizierung junger Wienerinnen und Wiener. Eine wichtige Zukunftsinvestition für Wien”
Bürgermeister Michael Ludwig verlangt von der Bundesregierung, endlich ein umfassendes Arbeitsmarktpaket auf den Tisch zu legen. „Konkret fordern wir eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes, eine Qualifizierungsoffensive mit einer deutlich verbesserten sozialen Absicherung für Aus- und Weiterbildungszeiten, Maßnahmen zur Bekämpfung von Langzeitarbeitslosigkeit, ein Beschäftigungspaket für ältere Arbeitslose und zusätzliche Maßnahmen für junge Arbeit- und Lehrstellensuchende“. Der Bürgermeister weiter: „Alle Expertinnen und Experten erwarten für den Herbst einen Rückgang bei den Lehrstellen in privaten Unternehmen. Das trifft vor allem jene Jugendlichen, die jetzt mit der Schule fertig werden. Wir brauchen deshalb in Österreich für alle, die eine Lehre machen wollen, einen garantierten Lehrplatz entweder in einem Ausbildungsbetrieb oder in der überbetrieblichen Lehrausbildung. Ich erwarte mir von den zuständigen Ministerinnen für Arbeit und Wirtschaft ein umfassendes Konzept inklusive Finanzierungspaket für die überbetriebliche Lehrausbildung. Punktuelle Maßnahmen, wie die 2.000 Euro Prämie für Ausbildungsbetriebe sind zwar ein erster Schritt, aber lediglich ein Tropfen auf den heißen Stein und greifen viel zu kurz. Mit dem Wiener Ausbildungspaket zeigen wir, in welche Richtung es gehen muss”, so Ludwig. „Wir investieren nun 17 Millionen Euro für die Qualifizierung junger Wienerinnen und Wiener. 10 Millionen Euro für die Lehrausbildung und 7 Millionen Euro für individuelle Qualifizierung- und Ausbildungsmaßnahmen. Denn für mich ist es entscheidend, dass kein Jugendlicher Zeit verliert und eine vollwertige und qualitätsvolle Ausbildung gewährleistet ist”, erklärt der Bürgermeister.
„Junge Menschen sind heute mit den Folgen von Krisen konfrontiert: ein zerrütteter Arbeitsmarkt nach Corona und die Klimakrise, deren Folgen uns noch viele Jahre begleiten werden. Deshalb müssen wir rasch handeln, dabei niemanden übersehen und in nachhaltige Arbeitsplätze investieren.”
Birgit Hebein
Hebein: “Lehrberufe von heute sichern nachhaltige Jobs von morgen”
Vizebürgermeisterin Hebein: “Als Stadt Wien haben wir uns von Anfang an dazu bekannt, dass wir niemanden in dieser Krise zurücklassen wollen. Und das tun wir: Indem wir all unsere Kräfte bündeln und besonders dorthin schauen, wo sich Lücken auftun.” Besonders junge Menschen haben in den letzten Monaten Unglaubliches geleistet und dürfen jetzt nicht mit Unsicherheiten allein gelassen werden, so die Vizebürgermeisterin: “Wer heute groß wird, hat nicht nur die Corona-Krise und einen zerrütteten Arbeitsmarkt vor sich, sondern auch die Klimakrise und ihre Folgen. Wir müssen rasch handeln, um jungen Menschen die Sicherheit zu geben, ihre Talente auch entfalten zu können. Sie sind die Zukunftsperspektive dieser wunderbaren Stadt. Denn die Lehrlinge von heute sind die FacharbeiterInnen, die GesellInnen, die MeisterInnen, die UnternehmerInnen von morgen.” Das Ausbildungspaket setzt deshalb auf die Förderung von Zukunftsberufen. “Das betrifft den Gesundheits- und Pflegebereich, Informations- und Kommunikationstechnik, als auch Berufe und Branchen im Bereich Klimaschutz und nachhaltige Kreislaufwirtschaft. Überall hier werden gerade – trotz Krise – spezielle Fachkräfte gesucht. Mit der neuen „Jobs PLUS Ausbildung“ setzen wir gemeinsam mit den Unternehmen dort an und bilden das zukünftige Rückgrat der Wiener Wirtschaft. Damit ergänzen wir die bestehenden finanziellen Bundesmaßnahmen für Betriebe um den Aspekt der Aus- , Fort- und Weiterbildung. Nur ein gemeinsames Handeln schafft Zukunft”, so Hebein.
„Wir dürfen nicht zulassen, dass eine verlorene Generation ohne Perspektive entsteht. Junge Menschen brauchen echte Chancen, dafür sorgen wir mit diesem Paket. Auch die Wirtschaft wird für eine nachhaltige Erholung gut qualifizierte Fachkräfte brauchen.“
Peter Hanke
Hanke: „Unterstützung für junge arbeitslose Wienerinnen und Wiener ohne Ausbildungsabschluss“
Wirtschaftsstadtrat Hanke: „Wir haben gleich zu Beginn der Corona-Krise Maßnahmen gesetzt und in mehreren Etappen über 150 Millionen Euro bereitgestellt, um der Wiener Wirtschaft und damit ihren Beschäftigten zu helfen. Mit dem Wiener Ausbildungspaket setzen wir auf Wiener Ebene jetzt ein weiteres Signal. Neben der wichtigen sozialen Komponente, wollen wir damit auch die Wirtschaft bei der Fachkräftesicherung unterstützen. Denn gut qualifizierte Fachkräfte sind ein Schlüssel für eine nachhaltige Erholung der Wirtschaft. Wir gehen daher noch einen Schritt weiter: Die Gruppe der 20- bis 24-Jährigen ist besonders von der steigenden Arbeitslosigkeit betroffen. Mit dem Wiener Ausbildungspaket setzen wir ganz besonders auf die Qualifizierung junger, arbeitsloser Wienerinnen und Wiener, die die Schule oder Lehre abgebrochen haben. Dafür nehmen wir 7 Millionen Euro in die Hand. Wir bieten ihnen mit dem Qualifikationspass Wien und der Finanzierung der notwendigen Kurse ganz konkrete Hilfe beim Nachholen eines Lehrabschlusses oder einer gleichwertigen Ausbildung an. Im Rahmen eines Stiftungsmodells wollen wir ihnen die Möglichkeit geben, sich auch speziell für Zukunftsberufe zu qualifizieren. Damit unterstützen wir Wachstumsbranchen, wie Gesundheit und Pflege sowie Informatik, bei ihrer Fachkräftesicherung. Das gilt auch für neu entstehende Berufe, etwa zur Bekämpfung des Klimawandels“, erklärt der Stadtrat. Für Hanke könnte dieses umfassende Ausbildungsangebot für junge Arbeitslose auch Vorbild für eine bundesweite Qualifizierungsoffensive sein.
„Mit dem Wiener Ausbildungspaket kann der waff einen wichtigen Beitrag für bessere berufliche Entwicklungschancen von jungen Menschen leisten. Es ist die richtige Initiative zum richtigen Zeitpunkt.“
Fritz Meißl
Meißl: ”Die bestmögliche Ausbildung für junge Menschen ist keine Gefälligkeit, sondern eine rechtliche Vorgabe des Ausbildungspflichtgesetzes.“
waff-Geschäftsführer Fritz Meißl ergänzt: „Zur recht erwartet sich der Wiener Bürgermeister ein Finanzierungspaket des Bundes für den Ausbau der überbetrieblichen Lehrausbildung. Ich darf daran erinnern, dass es ein von Nationalrat beschlossenes Ausbildungspflichtgesetz gibt, für dessen Vollziehung die Arbeitsministerin verantwortlich ist. Aber Wien fordert nicht nur vom Bund, sondern geht mit gutem Beispiel voran. Ich bin stolz, dass der waff mit der Umsetzung des Wiener Ausbildungspakets beauftragt wird. Das Unterstützungspaket von waff und AMS Wien für junge arbeitslose Wienerinnen und Wiener zum Nachholen des Lehrabschlusses wird noch im Juni starten. Im Zeitraum von Mitte Juni bis Ende September werden wir gemeinsam mit dem AMS Wien rund 3.000 arbeitslos gemeldete Jugendliche zwischen 18 und 21 Jahren kontaktieren, um sie gezielt mit dem Qualifikationspass Wien Schritt für Schritt zu einem Lehrabschluss oder einer gleichwertigen Ausbildung zu begleiten. Mit diesem Qualifizierungsangebot können wir jungen Menschen jedenfalls eine echte zweite Chance für eine erfolgreiche berufliche Zukunft geben“, so der Geschäftsführer. Was den Ausbau der überbetrieblichen Lehrausbildung betrifft, ist Wien mit seinem 10 Millionen Euro umfassenden Anteil in Vorlage getreten. Meißl hofft, dass es im Hinblick auf die für den ÜBA-Ausbau dringend notwendigen zusätzlichen Mittel für das AMS Wien rasch eine positive Entscheidung gibt.
Rückgang bei den Lehrstellen – Corona hat die Entwicklung am Arbeitsmarkt auf den Kopf gestellt
Bei den Jugendlichen entwickelt sich derzeit nicht nur Arbeitslosigkeit verstärkt nach oben, auch die Lehrstellen reduzieren sich. Die Zahl der Lehrlinge ist zwar derzeit noch relativ stabil. Sie ist im Vergleich zum Mai des Vorjahres um 1,0 Prozent und damit auf 16.185 Lehrlinge zurückgegangen. Bei den dem AMS gemeldeten offenen Lehrstellen zeichnet sich jedoch ein Rückgang von 23 Prozent gegenüber dem Vorjahr ab. Das sind um 481 gemeldete Lehrstellen weniger als im Vorjahr. Die Zahl der Lehrstellensuchenden ist im Mai um 1.936 auf insgesamt 3.986 gestiegen. Das ist ein Zuwachs von 94,4 Prozent.
Das Wiener Ausbildungspaket im Detail
10 Mio. Euro für die überbetriebliche Lehrausbildung in Wien
Um die notwendigen zusätzlichen Ausbildungsplätze spätestens ab September 2020 zur Verfügung zu haben, braucht es eine Finanzierungssicherheit für das AMS, weil die Ausbildungseinrichtungen Zeit für den weiteren Ausbau der Platzkapazitäten brauchen. Die Stadt Wien tritt jetzt in Vorleistung und wird den bisherigen Finanzierungsbeitrag für die überbetriebliche Lehrausbildung in der Höhe von 6,7 Millionen Euro auf 10 Millionen Euro aufstocken. In den nächsten Wochen wird der waff gemeinsam mit dem AMS Wien bereits Unterstützungsmaßnahmen zur bestmöglichen Vorbereitung der Jugendlichen auf die Lehre starten. Eine bessere Ausstattung der technischen Lerninfrastruktur, etwa durch den Ankauf von Tablets, soll damit ebenso finanziert werden, wie zusätzlicher Förderunterricht oder Vorbereitungskurse auf die Lehrabschlussprüfung.
7 Mio. für die Qualifizierung junger arbeitsloser WienerInnen
Qualifikationspässe für Bildungsscreening von mehr als 3.000 jungen arbeitslosen WienerInnen und Hilfe beim Nachholen von Lehrabschlüssen.
Über die Hälfte der arbeitslosen WienerInnen zwischen 20 und 24 Jahren haben höchstens einen Pflichtschulabschluss. Konkret sind das 8.712 Jugendliche in dieser Altersgruppe. Sie sollen daher gezielt beim Nachholen von Lehrabschlüssen oder gleichwertigen Ausbildungen unterstützt werden. Das AMS Wien und der waff werden in einem ersten Schritt alle 18 bis 21-jährigen arbeitslosen WienerInnen, die keine abgeschlossene Ausbildung haben, einladen und ihnen den Qualifikationspass Wien anbieten.
Der Qualifikationspass unterstützt und begleitet WienerInnen, die maximal einen Pflichtschulabschluss haben, Schritt für Schritt bis zu einem Ausbildungsabschluss, etwa den Lehrabschluss. In dem von einer speziellen Datenbank gestützten Dokument wird erfasst, welche Kompetenzen die betreffende Person bereits mitbringt, was das konkrete Ausbildungsziel ist, welche Qualifizierungsschritte in diese Richtung schon gesetzt wurden und welche noch offen sind. Die Beraterinnen und Berater von AMS Wien und waff können mit Hilfe dieses persönlichen Dokumentes auf einen Blick sehen, wo die betreffende Person steht und können punktgenau Unterstützungsmaßnahmen anbieten.
Jugendstiftung – Qualifizierung für Zukunftsberufe
Trotz der aktuellen Krise am Arbeitsmarkt gibt es Branchen, die zusätzliche Arbeitskräfte brauchen. Das ist allen voran der Gesundheits-und Pflegebereiche und der IKT Bereich. Dazu kommt, dass etwa zur Bekämpfung des Klimawandels ganz neue Berufe mit entsprechenden Qualifikationen gefragt sein werden. Der waff wird daher gemeinsam mit dem AMS Wien ein Modell für eine Arbeitsstiftung ähnlich den „Jobs PLUS Ausbildung“ entwickeln, wo er mit Branchen und Unternehmen, die spezielle Fachkräfte suchen, kooperiert und damit Arbeitsuchenden einen beruflichen Neustart ermöglicht.
Neue Ausbildungsbetriebe durch Ausbildungsverbünde
Ziel ist es, auch neue Betriebe für die Lehrausbildung zu gewinnen. Eine Möglichkeit dafür sind sogenannte Ausbildungsverbünde. Sie haben den Vorteil, dass ein Betrieb, der in einem Beruf nicht alle Ausbildungsinhalte abdecken kann, die fehlenden Teile durch eine Kooperation mit anderen Betrieben anbieten bzw. sie am Bildungsmarkt ankaufen kann. Im Mittelpunkt steht dabei die Kooperation mit den überbetrieblichen Lehrausbildungs-einrichtungen. So sollen deren räumliche und technische Infrastruktur, aber auch das Know-how der AusbildnerInnen von den Betrieben im Ausbildungsverbund genutzt werden können.
Weitere Schwerpunkte zur Unterstützung der Wiener ArbeitnehmerInnen: waff hilft WienerInnen in Kurzarbeit bei Weiterbildung mit Geld und Beratung
Der waff steht mit seinem gesamten Unterstützungsangebot für beschäftigte WienerInnen von Information und Beratung bis hin zu finanzieller Förderung mit bis zu 5.000 Euro für berufliche Weiterbildung wieder in vollem Umfang bereit. Insgesamt stehen dafür heuer fast 24 Millionen Euro zur Verfügung. Ganz besonders adressiert der waff dabei aktuell auch WienerInnen, die in Kurzarbeit sind und diese Zeit für berufliche Weiterbildung nutzen wollen. Das sind derzeit rund 280.000 WienerInnen. Begleitet wird das durch eine Informationskampagne des waff unter dem Motto „Wir sind gerade jetzt für Sie da“. Bereits unmittelbar nach Ausbruch der Coronakrise hat die Stadt die Mittel für die sogenannte waff Insolvenzstiftung um 3 Millionen Euro aufgestockt, um Opfer von Unternehmensinsolvenzen bei einem beruflichen Neuanfang in sozial abgesichertem Rahmen entsprechend unterstützen zu können. Derzeit stehen insgesamt 700 Plätze zur Verfügung und damit um 435 mehr als ursprünglich geplant.