Der Fachkräftemangel

FachkräfteFacts #3

Fachkräftemangel ist ein zentraler Begriff in der österreichischen Arbeitsmarktdebatte. Als solcher wird er jedoch häufig nicht hinterfragt und selten klar definiert. Ähnlich wie beim Begriff „Fachkraft“ gibt es auch für den Begriff „Fachkräftemangel“ keine einheitliche Definition. Aus diesem Grund ist es wichtig, das Phänomen Fachkräftemangel differenziert zu betrachten.

Personalengpässe einzelner Unternehmen ≠ Fachkräftemangel

Zunächst ist festzuhalten, dass die Schwierigkeit einzelner Unternehmen, offene Stellen zu besetzen, kein verlässlicher Indikator für einen tatsächlichen Mangel an ausreichend qualifizierten Fachkräften ist. Mit anderen Worten: Personalengpässe sind nicht gleichzusetzen mit einem Fachkräftemangel, der den gesamten Arbeitsmarkt betrifft. So ist ein tatsächlicher Mangel an Personen mit bestimmten Qualifikationen nur eine von mehreren möglichen Ursachen für Rekrutierungsschwierigkeiten von Unternehmen. Weitere Auslöser können eine hohe Fluktuation aufgrund schwieriger Arbeitsbedingungen, niedrige Löhne oder eine kurzfristige konjunkturelle Überlastung sein. Bei der Diskussion um Fachkräftemangel ist zudem zu berücksichtigen, dass ein gewisses Maß an Aufwand und erforderlicher Zeit bei Stellenbesetzungen als normal anzusehen ist und sich kaum reduzieren lässt.

Was ist ein Fachkräftemangel?

Obwohl es keine einheitliche Definition von Fachkräftemangel gibt, enthalten fast alle Beschreibungen quantitative, qualitative und räumliche Komponenten. Ein Fachkräftemangel wird demnach meist als ein bestimmtes Missverhältnis zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt (quantitative Komponente), einer bestimmten Qualifikation (qualitative Komponente) und in einer bestimmten Region (räumliche Komponente) beschrieben. Manche Definitionen beinhalten auch eine zeitliche Komponente, die ein dauerhaftes und nicht nur vorübergehendes Missverhältnis auf dem Arbeitsmarkt meint, andere grenzen den Fachkräftemangel von Phänomenen wie Personalmangel oder Rekrutierungsschwierigkeiten ab.

Die folgende Definition von Fachkräftemangel des Instituts für Höhere Studien (IHS) enthält die vier genannten Komponenten:

„Unter Fachkräftemangel verstehen wir […] eine Situation am Arbeitsmarkt, in der die Nachfrage nach bestimmten berufsfachlichen Qualifikationen deren Angebot auf nationaler, oder auch auf regionaler Ebene, substantiell übersteigt und es sich dabei nicht nur um ein konjunkturell bedingtes bzw. kurzfristiges Phänomen handelt.“ (IHS 2015)

Abschließend sollte noch erwähnt werden, dass der Begriff Fachkräftemangel in erster Linie die Perspektive von Arbeitgeber*innen widerspiegelt und durch das Grundwort „Mangel“ negativ konnotiert ist. Damit wird der Begriff als Hemmnis für unternehmerische Aktivitäten und wirtschaftliche Entwicklungen in Verbindung gebracht. Fachkräftemangel kann aber auch als Chance für Arbeitnehmer*innen auf eine höhere Qualifikation und mehr berufliche Zufriedenheit gesehen werden. In der öffentlichen Debatte wird der Begriff teilweise missverständlich oder fälschlicherweise synonym für einen allgemeinen Arbeitskräftemangel oder einen Personalengpass verwendet. Wir bevorzugen daher den neutraleren Begriff Fachkräftebedarf.

In der Rubrik FachkräfteFacts erklären wir regelmäßig Begrifflichkeiten aus dem Themenkomplex Fachkräftesicherung.